Advent
Mit dem ersten Sonntag nach dem 26. November beginnen die vier Adventssonntage, die Zeit der Vorbereitung auf die Ankunft des Erlösers. In den Kirchen werden zu früher Stunde die Engelämter gehalten. Die heutigen Adventsbräuche, wie Adventskranz und Adventskalender für die Kinder sind jüngeren Ursprungs. Doch bei den nächsten beiden Festen der Adventszeit klingen wieder sehr alte Gepflogenheiten an: Am Barbaratag dem 4. Dezember, und am Nikolaustag, dem 6. Dezember. Wenn die Hausfrauen am Barbaratag Kirschenzweige ins Wasser stecken, damit sie an Weihnachten blühen, so begegnet uns auch damit wieder eine Form des Lebensbaumes, der Lebensrute. Wenn die Zweige an Weihnachten in voller Blüte stehen, so deutet dies der Bauer als Vorzeichen einer guten Ernte im neuen Jahr. Das Landvolk hält viel auf die heilige Jungfrau Barbara, die von ihrem grausamen Vater in einem Turm gefangengehalten und, als sie sich der christlichen Lehre zuwandte, dem Tod preisgegeben wurde. Auch sie gehört zu den vierzehn Nothelfern und ist Patronin der Artillerie und manch schwerer Berufe, so der Bergleute und Glockengießer, der Zimmerer und Maurer. Auch bei Ungewitter und in Feuersgefahr wird sie angerufen.
Nikolaus
Die Verehrung des heiligen Nikolaus, der nach 300 nach Christus Bischof von Myra in Kleinasien war, bürgerte sich im deutschen Sprachraum im zehnten Jahrhundert ein. Im Laufe der Zeit wurde er zu einer der volkstümlichsten Heiligengestalten im Altbayerischen. Die Volksbräuche des Nikolaustages gehören zu den lebendigsten Bräuchen unserer Zeit. Kettenrasselnd und anklopfend geht er mit seinem Gefolge, dem Knecht Ruprecht, dem Krampus, dem Klaubauf oder mit der Habergeiß von Tür zu Tür, immer am Vorabend seines Festtages, am 5. Dezember. Wir denken zurück in graue Urzeit, wo man mit Lärmen und Klopfen böse Geister und die wilde Jagd, die in diesen dunklen Nächten durch die Lüfte braust, vertreiben wollte.
D' Luzia geht um!
Die brave und die böse Luzia
Seit dem frühen Mittelalter ist der 13. Dezember dem Andenken der heiligen Luzia geweiht, die, auf Syrakus in Sizilien gebürtig, um das Jahr 304 unter dem römischen Kaiser Diokletian den Märtyrertod erlitten hat. Ehe Papst Gregor XIII. im Jahr 1582 den jetzigen, nach ihm benannten Kalender eingeführt hat ("Gregorianischer Kalender"), galt der Luziatag als der kürzeste Tag des Jahres, dem die längste Nacht folgte. ln dieser Nacht entfalteten nach dem Glauben der Alten die Dämonen ihre größte Macht. Nach alter Vorstellung war eine Dämonin, eine weibliche Schreckgestalt, die Beherrscherin dieses Tages. Diese Vorstellung lebte weiter, auch nachdem dieser Tag später einer christlichen Heiligen geweiht wurde. Deshalb steht der Luziatag und sein Brauchtum unter dem starken Gegensatz der Verehrung einer Heiligen und der Furcht vor einer Dämonin. Als Heilige der katholischen Kirche gilt Sankt Luzia als Patronin gegen Augenkrankheiten. Die Künstler stellten sie deshalb meist dar, wie sie eine Schale hält, in der sich zwei Augen befinden. Die Überlieferung erzählt nämlich, daß die heilige durch ihre Schönheit die Liebe eines heidnischen Jünglings entfacht hat. Um sich seiner Leidenschaft zu erwehren, riß sie sich die Augen aus und ließ sie ihrem Verehrer auf einer Schale überbringen. Doch die Muttergottes soll ihr darauf noch schönere Augen geschenkt haben. Viel mehr als dieser christliche Kult zur heiligen Luzia wurde früher bis in unsere Zeit herein der Kult der heidnischen, der dämonischen Luzia gepflegt. "D'Luzia geht um!" warnte früher die Mutter die bösen Kinder. Die böse Luzia war ehedem bei der Kinderwelt gefürchtet, erzählten doch die Eltern, sie ginge in der Dunkelheit herum, um unfolgsamen Kindern den Bauch aufzuschneiden. Das ist die alte Dämonin der tiefsten Winterszeit, die "bluadige Luzia", vor der sich früher die Kinder sehr gefürchtet haben. Noch zu Anfang unseres Jahrhunderts betrat am Vorabend des Luziatages eine vermummte Gestalt als böse und grausame Luzia die Bauernstuben und flößte den Kindern Furcht ein.
Kinderschreck
Das Auftreten der bösen Luzia am Abend des 12. Dezember haben früher die Kinder mit der gleichen Spannung erwartet, wie sie heute noch auf den heiligen Nikolaus warten. Doch der Luzia fehlte der gütige Zug, der dem heiligen Nikolaus eigen ist. Sie war der Kinderschreck, der den Kindern nur Leid antun wollte. Wochenlang wurde von der Luzia gesprochen, bis sie endlich kam. Ihr Auftreten brachte Abwechslung in die langen Winterabende, Erheiterung und düsteren Reiz zugleich, wie es die Menschen seitjeher gerne mochten. "An Luzia geht der Tag irr", sagen die Bauern noch heute. Sie meinen damit, daß der Tag nicht mehr merklich kürzer, aber auch noch nicht länger wird.
Thomasnacht
Der bluadige Thamerl
Seit der Einführung des Gregorianischen Kalenders ist der 21. Dezember der Tag mit der längsten Nacht im Jahr. Die Kirche hat das Fest des heiligen Apostels Thomas auf diesen Tag gelegt. Als "bluadiger Thamerl" spielte der heilige Thomas früher als Schreckgespenst für die Kinder eine ähnliche Rolle wie die heilige Luzia. Er erschien am Vorabend vor den bäuerlichen Stuben und flößte wie die Luzia den Kindern Furcht ein. In manchen Gegenden des Bayerischen Waldes reckte der "bluadige Thamerl" ein blutbesudeltes Bein zur Stube herein, die er aber nicht zu betreten wagte. In anderen Gegenden schwang er einen blutigen Hammer und drohte den bösen Kindern damit. Ob sich dieser hammerschwingende "Thamerl" von dem altdeutschen Donnergott Donar ableitet oder nicht, ist nicht gewiß. Jedenfalls hat sich auch mit der Verehrung des heiligen Thomas die Vorstellung an eine vorchristliche Schreckgestalt der Winterszeit verbunden. Daß man gerade an diesem Tag die Kinder mit blutrünstigen Märchen schreckte, hängt sicher auch damit zusammen, daß der Thomastag früher Schlachttermin war.
Die vier Rauchnächte
Dieser Name galt ursprünglich nur den drei oder vier Nächten, an denen man durch Räucherung von Haus und Hof die Dämonen verscheuchte: der Thomasnacht, der Weihnacht, der Neujahrsnacht und der Dreikönigsnacht. Schon der germanische Hausvater räucherte um die Mittwinternächte seine Behausung aus, um in den langen dunklen Winternächten der bösen Geister Herr zu werden. Die Bäuerin spritzte an den Rauhnächten vor dem Schlafengehen an vielen Stellen des Hauses Weihwasser aus, um die bösen Geister zu bannen und den armen Seelen einen Ruheplatz zu schaffen. Denn an den Rauhnächten sind die bösen Geister frei. Nach dem Volksglauben versprengt man sie durch Lärmen und Schießen, sowie durch die Einhaltung bestimmter Arbeitsverbote. In den Rauhnächten durfte man nicht waschen und auch keine Wäsche aufhängen, nicht backen, düngen und spinnen.
Die Weihnacht
Ähnlich wie bei den Festen der heiligen Luzia und des heiligen Thomas verbinden sich auch im alten Brauchtum der Heiligen Nacht vorchristliche und christliche Vorstellungen. Auch die Weihnacht galt seit alters als eine Losnacht, in der man künftige Dinge schauen kann.
Die Tiere reden
Auch die Haustiere waren in das alte Brauchtum der Christnacht einbezogen. Nach dem Gebetläuten darf niemand mehr im Stall sein, da sonst die Hexe hineinfährt, und keine Milch mehr aus dem Haus kommen, da sonst die Kühe verhext, werden. Wie am Ostersonntag erhält das Vieh Geweihtes zu fressen. Wenn man die Hühner während der Mette füttert, so legen sie das ganze Jahr über viele Eier. Zur zwölften Stunde der Christnacht reden die Tiere miteinander.
Das Christkindlanschießen
Sehr alten Ursprungs ist auch das "Chritskindlanschießen" vor der Mette, das auch heute noch manchmal geübt wird, und das Schießen nach der Mette: durch Lärm wehrte man feindliche Dämonen ab. Weil beim Christkindlanschießen früher durch Unvorsichtigkeit viele Unglücke vorkamen, wurde es seit der Zeit der Aufklärung immer wieder verboten. Doch an manchen Orten wird das Christkind auch heute noch kräftig angeschossen.
Der Christbaum
Auch wenn wir alljährlich den Christbaum aufstellen, so lebt damit ein alter Brauch fort. In seiner heutigen Gestalt begegnet uns der Christ- oder Weihnachtsbaum erst seit dem vorigen Jahrhundert; vor dem 17. Jahrhundert finden sich für ihn keine Zeugnisse. Früher hatte man an diesem Tag nur Tannenzweige in die Stuben geholt, winterliches Grün, durch das man sich Gesundheit, Wachstum, Fruchtbarkeit in Haus, Stall und Feld sichern wollte. Nun galt, wie schon erwähnt der 24. Dezember als eine der "Rauchnächte" an denen man sich durch Räucherungen und durch brennende Lichter unheilbringender Dämonen erwehrte. Aus diesen beiden alten Wurzeln, aus dem wintergrünen Baum und den dämonenabwehrenden Lichtern, ist im Lauf der Zeit unser Weihnachtsbaum entstanden. Noch heute bleibt er die zwölf Rauhnächte über in unseren Stuben: am Weihnachtsabend wird er aufgestellt und am Dreikönigstag wird er wieder entfernt.
Der Tag der Geburt des Herrn
So spielt viel altes Brauchtum in unser Weihnachtsfest herein. Freilich überwiegt seit langem das christliche Gedankengut. Im vierten Jahrhundert nach Christus hat die Kirche die Feier der Geburt Christi auf den 25. Dezember gelegt: der wirkliche Tag der Geburt des Herrn ist uns ja nicht überliefert. Der Heilige Abend gilt der Vorbereitung auf das Fest der Geburt Christi. An ihm wird gefastet und die Arbeit früher beendet als sonst. Am Abend erscheint das Christkind als Gabenbringer. Die Kerzen des geschmückten Christbaumes, werden entzündet, und die bescherten Kinder verrichten vor ihm ein Gebet. Auch eine Krippe ist unter dem Christbaum aufgestellt. Kurz vor Mitternacht läuten die Glocken zur Christmette. Mit flackernden Laternenlichtern machten sich dann die Bauern auf den Weg zur Kirche. Heute geht auch dies viel nüchterner zu als früher.
Der Weihnachter
Nach der Mette wurden dann die "Mettenwürste" aufgetischt. Blut- und Leberwürste von dem Schwein, das mehrere Tage vor Weihnachten geschlachtet wurde und das man die "Weihnachtssau" oder kurz den "Weihnachter" nannte.
Bewirtung der Toten
Auch dieses "heilige Mahl" führt weit zurück in alte Zeiten, desgleichen der Brauch, mit der Mettenwurst auch die Toten zu bewirten, sowie das Backen besonders geformter Weihnatchtsgebäcke. Das Mettenessen war früher auch für das im letzten Jahr verstorbene Mitglied einer Hofgemeinschaft hergerichtet. Diese Mahlzeit blieb unberührt. Man schenkte sie am nächsten Tag einem Armen. Das Kletzenbrot und manch anders Weihnachtsgebäck zählte zu den "Gebildebroten", zu den Broten, denen eine besondere Gestalt eigen war, und die in alter Zeit als Opfergaben und als Symbole der Fruchtbarkeit dienten. Wie bedauerlich ist es, daß das Weihnachtsfest seit einigen Jahrzehnten besonders in den Städten immer mehr von seinem alten Sinn verliert. Die Bescherung des Heiligen Abends hat sich früher in ganz bescheidenem Rahmen gehalten, sie ist ja Nebensache. Aus nacktem Gewinnstreben hat man sie immer mehr in den Mittelpunkt des Festes gestellt, und heute gilt die Weihnachtsfest für viele nur mehr als die Hauptgeschäftszeit des Jahres.
Stephanitag
Stephanireiten
Für zwei Tage ruht nun die Arbeit. der 25. Dezember, der Weihnachtstag, war einer der wenigen Tage im bäuerlichen Leben, an denen nur die allernotwendigsten Arbeiten verrichtet werden durften. Am zweiten Weihnachtsfeiertag, dem 26. Dezember ist das Fest des heiligen Stephanus, des ersten christlichen Märtyrers. Weil der heilige Stephan auch als Patron der Pferde gilt, ist der Stephanitag ein wichtiger Tag im Bauernkalender. An diesem Tag läßt der Bauer nach der Messe Salz und Wasser weihen, die sein Vieh besonders in den Losnächten vor Hexen und anderen Unholden den Druden, schützen soll. Aber auch während der übrigen Tage des Jahres sollte das Stephanisalz und das Stephaniwasser das Vieh vor Krankheit bewahren. Der Bauer mischte ihm davon etwas unter das Futter. Das Stephanisalz formte er zu einer Scheibe und hängte sie in einer Ecke des Stalles auf. Früher fand in vielen Dörfern ein Pferdeumritt, das "Stephanireiten", statt. Dabei wurden die Pferde mit Stephaniwasser besprengt und nachher mit Stephanisalz gefüttert. Solche Stephaniritte finden auch heute noch vereinzelt statt. Sie halten die Erinnerung an die Pferdeumritte wach, die unsere Urahnen in der Mittwinterszeit um die Grabstätten ihrer Sippe unternahmen. Am Nachmittag des Stephanitages wurde in den Bauernhäusern Kletzenbrot verteilt.
Silvester
Wenige Tage später ist das Jahr zu Ende. Die Silvesternacht, die Nacht vom 31. Dezember zum 1. Januar, ist die dritte Rauchnacht und zugleich eine Losnacht. Das Ausräuchern ist seit langem nur mehr in der letzten der Rauchnächte, am Dreikönigstag, üblich.
Bleigießen
Unter den Losnächten aber ist die Neujahrsnacht die einzige, in der heute noch gelöselt, in der über die Zukunft gelost wird. Das Bleigießen in der Silvesternacht hat sich sogar in den Städten bis heute erhalten. Dazu schmilzt man in einem Blechlöffel ein Stück Blei und läßt es flüssig in ein Gefäß mit Wasser fallen. Aus der Form, die sich bei dem raschen Erstarren des Bleies bildet, schließt man auf Freud oder Leid, Beruf, Hochzeit oder Tod. Auf dem Land blieben lange die anderen Formen des Zukunftslöselns, das Pantoffelwerfen und das Zaunsteckerlzählen, üblich. In den Städten hat sich die Silvesternacht zu einer fröhlichen Feier entwickelt, bei der Punsch, Bowle oder Sekt getrunken wird. An die Stelle des Neujahrsanschießens, das in alter Zeit an vielen Orten geübt wurde, ist in den Städten das Abbrennen von Feuerwerkskörpern getreten. Auf dem Land aber erhielt das Vieh auch in der Neujahrsnacht sein "Geweihtes" ins Futter.
Quelle: Chronik Konzell